Warum die klassische Steuerung für Unternehmen allein nicht ausreicht
Das klassische Steuerungsmodell geht von einem dynamischen System aus, das nach einer bestimmten Logik gesteuert wird. Die Steuerung beeinflusst den Kurs des Systems und damit welchen neuen Status es einnimmt. Von außen wirken gegebenenfalls noch Störungen auf das System ein. Zusammen mit den dynamischen Eigenschaften und den Steuerungsimpulsen bestimmen sie seinen Status. Das Verhalten des Systems kann gleichzeitig beobachtet werden. Gleichwohl treten eventuell Beobachtungsfehler auf. Die Steuerungslogik nutzt die Beobachtungen, um weitere Steuerungsimpulse zu geben. In ihrer Logik berücksichtigt sie die dynamischen Eigenschaften des Systems. Das Modell wird sehr erfolgreich z.B. dazu verwendet, den Flug einer Rakete zu steuern.
Warum lässt sich dieses Modell nicht uneingeschränkt verwenden, um ein Unternehmen zu steuern?
Das oben dargestellte Modell geht davon aus, dass die Steuerung das System von außen beeinflussen kann. Im Unterschied zu diesem Modell sollten wir ein Unternehmen als soziales System verstehen. Es entscheidet nämlich selbst, wie es auf Impulse von außen reagiert. Als soziales System besteht es aus Kommunikationen und erschafft sich aus diesen selbst und ständig neu.
Autopoiesis – das System schreibt sich selbst fort
Der Prozess, in dem sich das System selbst fortschreibt, ist von außerhalb des Systems beeinflusst. Er ist hingegen nicht von dort gesteuert. Nach Humberto R. Maturana, einem theoretischen Biologen, der u.a. die Biologie der Kognition untersucht hat, nennt man den Prozess Autopoiesis. Das System kann nur von innen, aus sich selbst heraus, gesteuert werden.
Wie wird denn dann gesteuert?
Um zu verstehen, wie gesteuert wird, müssen wir uns ansehen, wie sich das Unternehmen auf Kommunikationen gründet. Zunächst nimmt es aus seiner Umgebung nur das wahr, was zu seinem Thema passt. Es nimmt somit nur wahr, was an den Sinn der bisherigen Kommunikation anschlussfähig ist. Dies ist ein Mechanismus zur Reduktion von Komplexität. Er bestimmt, wie das Unternehmen seine Umwelt betrachtet.
Das daraus entstehende Bild ist eine Art aus Erfahrung gebaute Ursachenkarte. Der Bewegungsentwurf erfasst sie noch einmal genauer für die Betriebsleistung. Er ist eine Entscheidung, die den Zweck weiterer Entscheidungen bestimmen soll und sie so eingrenzt. In einer ungewissen Welt entscheidet sich das Unternehmen mit seiner Auswahl für eine mögliche Zukunft, die es zur Basis weiterer Handlungen macht.
Und wer steuert?
Leider ist die Sache noch etwas komplizierter. Das Management und die Mitarbeiter des Unternehmens gehören nämlich streng genommen nicht zum Unternehmen, sondern zu seiner Umwelt. Entscheidungen im Unternehmen fallen also nicht durch das Unternehmen. Sie fallen durch Kommunikationen, die das Management und die Mitarbeiter im Unternehmen erzeugen. Sie werden mit der Vorstellung erzeugt, dass sie für weitere Kommunikationen anschlussfähig sind. Der Bewegungsentwurf hat hier die Funktion, die Aufmerksamkeit auf die entscheidenden Sachverhalte zu lenken. Manche Aspekte rücken dadurch in den Vordergrund. In dieser Rolle werden sie als ursächlich für die Betriebsleistung des Unternehmens aufgefasst. Sie erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Entscheidungen wie beabsichtigt ausfallen.
Das technische Steuerungsmodell eignet sich an dieser Stelle nebenbei bemerkt gut für den Bewegungsentwurf. Wir stellen uns einfach vor, wir hätten eine Maschine vor uns, die wir steuern wollen. Das Modell erlaubt uns im Anschluss Rückschlüsse darauf, wie sich das Unternehmen verhalten wird. Selbstverständlich geschieht das unter den genannten Einschränkungen. Als Bild kann man es hingegen sehr gut kommunizieren.
Die Aufgaben des Controllers
Über die Frage, wer steuert, kommen wir zu den Aufgaben des Controllings. So wie man es kennt, erstellt das Controlling den Bewegungsentwurf für das Unternehmen in der Form einer Planung. Diese kann mehr oder weniger dynamisch und auch mehr oder weniger mathematisch sein. Sie erfüllt trotz allem immer den gleichen Zweck. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte. Auf diese Weise stärkt sie das gemeinsame Verständnis vom Unternehmen, von seinen Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern. Das wirkt natürlich umso besser, je besser die Planung kommuniziert wird.
Zu den Aufgaben des Controllings gehört es, den Bewegungsentwurf anschließend mit den Ergebnissen der tatsächlichen Betriebstätigkeit zu vergleichen. Wir interpretieren die festgestellten Abweichungen. Falls es notwendig erscheint, passen wir nachfolgend den nächsten Bewegungsentwurf daraufhin an. So weit so gut.
Nicht nur auf die Zahlen, auf die Erzählung kommt es an
Eines müssen wir aber noch berücksichtigen. Der Bewegungsentwurf basiert in jedem Fall auf einer Modellvorstellung. Andernfalls wäre er auch gar nicht kommunizierbar. Ein Stück weit ist die Modellierung außerdem nur etwas für Spezialisten. Und das Modell kann niemals alle Aspekte der Betriebstätigkeit abbilden. Es bleibt dadurch immer kontingent, also auf eine bestimmte Art unpassend.
Hier kommt die Sprache ins Spiel. Als kontingentes Medium kann sie letztendlich Kontingenz aufnehmen und damit Erklärungslücken und unterschiedliche Auffassungen überbrücken. Auf diesem Weg bleibt die Möglichkeit offen, dass sich im Unternehmen die meisten Beteiligten auf eine gemeinsame Erzählung einigen können. Dies Erzählung ist eventuell die Basis für eine neue Entscheidung über eine neue Zukunft, der alle zustimmen können.
Fazit. Was heißt das jetzt für das Controlling?
Klassische Controlling Tätigkeiten konzentrieren sich zu weiten Teilen auf die Berechnung von Planungen, Soll-Ist Abweichungen und eventuell noch auf die Analyse von Ursachen.
Bedeutung des Designs
Genauso wichtig ist es aber zu verstehen,
- wie die Auswahl der Instrumente beeinflusst,
- worauf sich das Unternehmen konzentriert,
- welche Bedeutung die Kommunikation von Modellvorstellungen hat, und
- wie wichtig es ist, die Erkenntnisse in eine Sprache zu übersetzen, die als gemeinsam getragene Erzählung im Unternehmen funktioniert.
Vielen Controllern ist dieser Teil der Arbeit sehr wohl bewusst und sie beklagen, dass sie hierauf zu wenig Aufmerksamkeit verwenden können.
Bedeutung der Flexibilität
Bei der Wahl der Instrumente geht es außerdem darum, worauf sich das Unternehmen fokussiert. Aus der Bedeutung der Wahl wird ebenfalls klar, wie schnell sie sich notfalls Änderungen müssen. Der Werkzeugkasten und die Datenversorgung des Controllings müssen infolgedessen deutlich flexibler sein, wenn sich das Umfeld für ein Unternehmen ändert.
Wenn Sie mehr darüber lesen wollen, wie Sie Ihr Unternehmen und Ihr Controlling flexibler machen, dann lesen Sie vielleicht etwas über die Grundidee hinter der Service-Orientierung. Artikel über die Flexibilität von Organisationen werde ich noch veröffentlichen.
Oder, sprechen Sie mich schlicht und einfach an. Ich freue mich jedenfalls auf eine Diskussion.
Frank Pieper
Mail: frank@fp-consulting.org
Tel.: +49-160 5438306
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