Wie können wir flexiblere Informationssystem schaffen? Wir brauchen sie gerade bei der Steuerung, um mit den Anforderungen mitzuhalten. Meist sind hoch integrierte Funktionssysteme auch im Controlling relativ starr. Behindern sie dann vielleicht eine kreativ-lernende Organisation?
In seiner Arbeit „Selbstorganisation und Gestaltung informationeller Systeme in sozialer Ordnung“ stellt Klaus Fuchs-Kittowski heraus, was erforderlich ist, damit Informationssysteme kreativ-lernende Organisationen nicht behindern, sondern möglichst befördern. Controlling- und Steuerungssysteme erscheinen zwar oft als technische Einrichtungen, letztlich operieren sie aber in einer sozial verankerten Umgebung. Klaus Fuchs-Kittowski hebt diese Unterscheidung hervor:
„Wichtig wird dafür die Unterscheidung zwischen maschineller (syntaktischer) und menschlicher (semantischer) Informationsverarbeitung, zwischen Speicher und Gedächtnis, zwischen Informationsverarbeitung und Erzeugung von Information und Wissen.“
Ich fasse den Text nur sehr knapp zusammen und versuche die Forderungen, die ich aus der Arbeit herauslese, auf die konkrete Design-Strategie von Services zu übertragen.
Selbstorganisation und Gestaltung informationeller Systeme
Klaus Fuchs-Kittowski (Link zu Wikipedia), in Selbstorganisation in Wissenschaft und Technik, Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2008, Werner Ebeling, Heinrich Parthey (Herausgeber), Berlin, 2009
Mechanistisches Weltbild überwinden
Klaus Fuchs-Kittkowski schreibt in seinem Beitrag, wir müssten unser mechanistisches Weltbild überwinden. Auf diese Weise könnten wir unsere Systeme einer flexiblen Arbeitsweise anpassen. Informationssysteme sind nämlich kein Abbild der realen Welt oder des realen Arbeitsgeschehens. Sie sind stattdessen Teil einer von Akteuren konstruierten Welt. Sie tragen genauer gesagt dazu bei, neue Bedeutungen und Werte zu schaffen.
Offene Entwicklungsprozesse und autonome Tätigkeiten
Die Gestaltung von Informationssystemen sollte folglich zuerst vom Nutzerverhalten ausgehen und mit der Arbeitsgestaltung beginnen. Es empfiehlt sich, die Aufgabe ganzheitlich zu betrachten und eine Lösung mit möglichst autonomer Tätigkeit zu erreichen. Es geht um einen offenen Entwicklungsprozess und eine vorwiegend evolutionäre Systemgestaltung.
Anpassungsfähige Strukturen
Modulare, vernetzte, virtuelle Organisationen benötigen Informationssysteme mit anpassungsfähigen Strukturen. Solche Strukturen sind wichtig, weil diese Organisationen in unserer sozialen Umwelt mit großer Komplexität umgehen. Bei der Modellierung von Arbeitsprozessen steht das Ziel, Komplexität zu reduzieren, im Mittelpunkt. Befreien wir zusätzlich die Prozesse aus ihrem Kontext, so werden sie ohne die Abhängigkeit von ihrem Kontext universeller einsetzbar. Wir können sie in der Folge in neuen Konstellationen einsetzen.
Lösungsansatz mit Services
Ich übertrage diese Gedanken im nächsten Schritt auf die Design-Strategie von Services.
Unabhängig vom konkreten Anwendungsfall
Service-Design beruht hauptsächlich auf der Idee, Arbeitsprozesse unabhängig von ihrem Kontext zu machen. Die Idee der Kapselung will einen Service in seinem Innern möglichst autonom arbeiten zu lassen. Darüber hinaus wollen wir einen Service in verschiedenen Konstellationen einsetzen können. Um diese Freiheit zu erhalten, muss sich der Service von seinem Kontext lösen. Die Loslösung erreicht man wiederum, wenn man ihn allgemeiner als nötig spezifiziert. Der konkrete Anwendungsfall wird dadurch zu einem Spezialfall in einer ganzen Klasse von Aufgabenstellungen.
Selbständige Weiterentwicklung
Als allgemein spezifizierte Lösung ist der Service im weiteren Verlauf flexibler. Er kann jetzt auch andere, ähnliche Aufgaben erledigen. In seinem allgemeinen Rahmen wird er als Lösungskonzept eigenständig. Er hat die Möglichkeit sich selbst zu steuern. Bei Bedarf entwickelt er sich weiter und verfolgt, wo dies geht, eine eigene Entwicklungsstrategie. Das Konzept der Kapselung reduziert darüber hinaus Abhängigkeiten zu Servicenutzern und Serviceprovidern. Der Service muss lediglich abwärtskompatibel bleiben, um Nutzer weiter zu bedienen und Leistungen von Lieferanten annehmen zu können.
Mehr Informationen über die Grundidee hinter der Service-Orientierung finden Sie in dem Beitrag: Was mache ich hier eigentlich? Services!
Große Ähnlichkeit der Ideen
Die allem anderen vorausgehende Übereinstimmung finden die Forderungen von Klaus Fuchs-Kittowski und das Service-Paradigma in der relativen Autonomie von Services. Erst sie erlaubt offene Entwicklungsprozesse und autonome Tätigkeiten. Die Fähigkeit eines Services, sich in dem ihm gegebenen Rahmen selbständig weiterzuentwickeln, verschafft einem auf Services basierenden Lösungskonzept große Anpassungsfähigkeit. Services können nämlich individuell reagieren, ohne dass der Gesamtzusammenhang der Lösung neugestaltet werden muss. Damit haben wir eine allzu mechanistische Vorstellung von Lösungswegen aber bereits auch schon verlassen. Die Weiterentwicklung von Strukturen ist nicht mehr nur von einem Punkt aus zu bestimmen. Dafür entlastet es die Struktur von übergroßer Kompliziertheit.
Schwierigkeiten bei der Umsetzung
Dieses Vorgehen beim Design von Informationssystemen führt in der Regel zu sehr flexiblen und skalierbaren Lösungen. Ich will aber nicht verbergen, dass auch Nachteile entstehen:
1. Wenn Performance statt Flexibilität im Vordergrund steht
In einem Umfeld, in dem es mehr auf Performance als auf Flexibilität ankommt, ist die Autonomie von Services meist fehl am Platz. Das liegt daran, dass in performance-optimierten Systemen die Gestaltung der Kommunikation zwischen Arbeitsprozessen oft besonders wichtig ist. Folglich sind Kapselung und eine allgemeingültige Formulierung von Schnittstellen in einem solchen Fall oft nachteilig.
2. Wir schlagen mit dem Design vermeintlich einen Umweg ein
Analysten und Entwickler verstehen manchmal nicht, warum man nicht einfach die Anforderungen des Kunden aufnimmt. Dieser Punkt ist selbstverständlich ein berechtigter Einwand. Das Design mit seinem allgemeinen Anspruch erscheint tatsächlich manchmal als Umweg. Darüber hinaus muss auch noch der Spezialfall der konkreten Aufgabe kodiert werden. Den Umweg kann man folglich nur dann einschlagen, wenn er sich später auszahlen wird und der Auftraggeber ihn akzeptiert.
Fazit
Service-Strukturen schaffen Informationslösungen, die sich in einem komplexen Umfeld schneller und zielorientierter an neue Anforderungen anpassen können. Sie sind aber auch nicht immer geeignet. Wenn die Aufgabenstellung beispielsweise einfach ist, oder mit großen Performance-Anforderungen daherkommt, dann ist es meist besser, auf eine integrierte, auf Effizienz ausgerichtete Lösung zu setzen.
In allen Fällen aber, in denen Zukunftserwartungen vage bleiben, wo mit Veränderungen gerechnet werden muss, oder wo sich Anforderungen schnell und überraschend ändern, ist der Service-Gedanke eine vielversprechende Strategie. Vieles deutet derzeit darauf hin, dass aber gerade diese Szenarien häufiger werden. Das sollte ein Anreiz sein, sich mit den Ideen zur Komplexitätsbewältigung – z.B. dem Service-Paradigma – auseinander zu setzen.
Ich werde an dieser Stelle noch ein Beispiel für eine Service-Lösung anfügen.
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Frank Pieper
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