Widerstand in Zusammenarbeit verwandeln

Widerstand in Zusammenarbeit verwandeln

Unternehmensbereiche wehren sich oft, Transparenz durch die Analyse ihrer Wertschöpfung zu schaffen. Als ehemaliger CFO eines Unternehmens, das mit Halbfertigwaren aus Metallen handelt, kenne ich das Problem.

Die Leistungen, die ein Unternehmen mit dem länderübergreifenden Handel von Metallprodukten erbringt, sind umfangreich: Produkt Know-How: woher beschaffe ich welche Qualität? Prozess Know-How: richtige Ladungssicherung für den Transport, Auswahl von Reeder, Spediteur, Abwicklung der Frachtpapiere. Finanzierung während der Transportzeit, Zahlungsziele zur Finanzierung während der Verarbeitungszeit, Absicherung von Währungsrisiken, Metallpreisrisiken, Lieferantenrisiken. Häufig Übernahme von Kreditrisiken und nicht zu vergessen: in den Produkten können sich eingebettete Optionen befinden.

Bei der Zerlegung der Leistung in Module wird für all diese Bestandteile dargestellt, wie die jeweilige Leistung erbracht wird. Die Absicherung des Lieferantenrisikos erfolgt bei länderübergreifendem Handel z.B. meist über Importakkreditive, die man bei seiner Bank beschafft.  Die Zerlegung muss sich nicht auf die formale Organisation des Handelsbereichs beziehen. Es genügt, wenn der Beitrag als eigenständig behandelt wird und so Bedeutung bekommt. Die Gesamtleistung des Handels entsteht als eine netzwerkartige Verknüpfung der einzelnen Beiträge.

Chancen zur Verbesserung gehen verloren, wenn sich die Experten gegen Transparenz wehren.

Die Experten von Produktionsbereichen wehren sich oft gegen die genauere Analyse ihrer Leistungen. So auch im Fall meines Beispiels. Sie wollen sich nicht in die Karten schauen lassen, geben keine Auskunft, was sie tun und warum, und erschweren die Bereitstellung von Daten. Damit verhindern sie, dass ihre Leistung transparenter und widerstandsfähiger wird. Wenn man nämlich das Produkt als eine Kombination von Beiträgen betrachtet, dann lässt es sich (1) anders rekombinieren und damit differenziertere Kundenbedürfnisse erfüllen, und (2) im Fall einer Krise, wenn z.B. die Erstellung eines Beitrags nicht mehr auf die bisherige Art möglich ist, bei entsprechender Vorsorge schnell auch anders herstellen. Ohne Transparenz und die Vorstellung unabhängiger Beiträge können Veränderungen weniger gut behandelt werden.

Woher kommt die Zurückhaltung der Experten?

Der Handelsbereich ist als ein soziales System zu verstehen, das seine Leistung als eine Systemleistung hervorbringt. Systeme müssen sich auf eine Auswahl von Informationen fokussieren, um erfolgreich zu arbeiten. So reduzieren sie die Komplexität in ihrem Inneren und erzeugen einen verlässlichen Output.

Differenzierungen der Leistungsbestandteile irritieren eventuell den Handlungsablauf, wenn Bestandteile hervorgehoben werden, die der Bereich vielleicht nicht gerne sieht, z.B. die Übernahme von Kreditrisiken bei Lieferung mit Zahlungsziel. Transparenz über die Leistungserstellung herzustellen, erhöht außerdem die Gefahr, dass es durch Nachfragen und Einmischungen zu weiteren Irritationen kommt. Systeme wehren sich deshalb gegen die Irritation, die eine Analyse der Wertschöpfungsbeiträge auslöst. Natürlich geht es meist auch um Einfluss, aber es wäre naiv zu glauben, das ginge ohne Performance.

Wie kann man das Problem auflösen?

Zunächst sollte man die Autonomie des Handelsbereichs beachten. Veränderungen finden im Inneren eines Systems statt und wir wissen, dass sie nur dann stattfinden, wenn sich das System selbst irritiert und dann auf diese Irritation reagiert. Gleichzeitig müssen wir als Controller klarstellen, dass das System, also der Handelsbereich, von externen Ressourcen abhängig ist. In der Regel besteht eine Abhängigkeit von dem Kapital, das zur Finanzierung des Betriebs notwendig ist. Intransparenz erhöht nur die Kosten des Kapitals für einen Investor. Und höhere Kosten für das erforderliche Kapital verschlechtern die Erfolgsaussichten des Handels. Der Handel kann also nicht völlig unabhängig agieren.

Die Lösung besteht darin, einen gemeinsamen Ansatz zu finden. Transparenz über die Module und ihre Beiträge, können auch vom Handelsbereich selbst genutzt werden, um sich zu verbessern. So findet eine Delegation von Steuerung in den Bereich statt. Im Finanzcontrolling können wir uns auf die Aspekte konzentrieren, die für das Unternehmen als Ganzes wichtig sind: Darstellung von Rentabilität und Risiken für Shareholder und Investoren. Dazu ist Einblick in die Abläufe des Handelsbereich notwendig. In Summe behandeln wir den Handels- und den Finanzbereich ebenfalls als Module, die zusammenarbeiten und dabei miteinander kommunizieren.

In dem kleinen Unternehmen, das ich hier als Beispiel im Sinn haben, wurden die Maßnahmen zur Absicherung von Zins-, Währungs- und Metallpreisrisiken im Finanzbereich verantwortet. Wir hatten einen guten Überblick über unsere Wertschöpfung und welche Beiträge dazu notwendig waren. So konnten wir auch Krisen, wie z.B. die Insolvenz unserer Hausbank, bei der Kreditlinien, Währungs- und Import-Absicherungen gefährdet waren, ohne Schäden überstehen.

Ich wünsche auch Ihnen immer viel Erfolg.

Vorhersagefehler sind unvermeidlich – wie geht man damit um?

Vorhersagefehler sind unvermeidlich – wie geht man damit um?

Vorhersagefehler sind unvermeidlich. Das stellt das Peterson Institute for International Economics (PIIE) zur Geldpolitik fest (siehe Artikel). Gleichzeitig gibt es eine gute Nachricht. Genaue Prognosen sind keine Voraussetzung für eine gute Geldpolitik.

Für die Steuerung von Unternehmen gilt das gleiche. Natürlich ist es besser, eine gute Prognose zu haben als eine ungenaue, aber Steuerung funktioniert auch, wenn Vorhersagen schwierig und damit ungenau werden. Das PIIE schreibt, dass die wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Steuerung die Vorbereitung der Entscheidungsträger auf Überraschungen im wirtschaftlichen Umfeld und die passende Reaktion darauf ist. Entscheidungsträger müssten ihren Kurs vernünftig, systematisch und energisch an die neuen Umstände anpassen können.

Wie kann man das machen?

So wichtig wie die Vorhersage von Entwicklungen ist die Einschätzung der gegenwärtigen Umstände. Es ist also ratsam, neben der Fähigkeit zur Vorhersage auch die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung zu stärken (PIIE).

Entscheider sollten die Aussagekraft von Vorhersagen nicht überschätzen. Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen sollen Unsicherheiten bleiben. Das bedeutet, dass bestimmte Vorhersagen auch unterbleiben können, oder deutlich relativiert werden sollten (PIIE).

Als Aufgabe bleibt die Vorbereitung auf Überraschungen, um bei Bedarf konsequent reagieren zu können. Unternehmen brauchen dafür Controlling- und Steuerungs-Systeme, die genau das leisten:

  1. IT-Systeme müssen Bewegungsentwürfe von Unternehmen transparent, mit der nötigen Detaillierung beschreiben und jederzeit selbst mit Änderungen rechnen.
  2. Bewegungsentwürfe und ihre Beschreibungen bauen am besten auf unabhängigen Modulen auf, um bei Bedarf Änderungen zu ermöglichen.
  3. Organisationen sollten Muster zu Bewältigung von Komplexität einüben, damit sie bei Bedarf anwendbar sind. Diese Verfahren sind selbst riskant, weil sie sich daran orientieren, was die Organisation als relevant erwartet.

Wenn Sie dafür sorgen wollen, dass das klappt, dann müssen Sie Ihre Systeme an Ihre individuellen Bedürfnisse anpassen. Schauen Sie sich dazu an, was Sie steuern und wie Sie steuern wollen. Die gute Nachricht wird auch für Sie gelten: Genaue Prognosen sind keine Voraussetzung für gutes Management.


Dieser Post ist zuerst auf LinkedIn in englischer Sprache erschienen:
Mein Beitrag vom 2. Februar 2024

Flexibilität mit Services erreichen

Flexibilität mit Services erreichen

Wie können wir flexiblere Informationssystem schaffen? Wir brauchen sie gerade bei der Steuerung, um mit den Anforderungen mitzuhalten. Meist sind hoch integrierte Funktionssysteme auch im Controlling relativ starr. Behindern sie dann vielleicht eine kreativ-lernende Organisation?

Auf dem Weg zur kreativ-lernenden Organisation

In seiner Arbeit „Selbstorganisation und Gestaltung informationeller Systeme in sozialer Ordnung“ stellt Klaus Fuchs-Kittowski heraus, was erforderlich ist, damit Informationssysteme kreativ-lernende Organisationen nicht behindern, sondern möglichst befördern. Controlling- und Steuerungssysteme erscheinen zwar oft als technische Einrichtungen, letztlich operieren sie aber in einer sozial verankerten Umgebung. Klaus Fuchs-Kittowski hebt diese Unterscheidung hervor:

„Wichtig wird dafür die Unterscheidung zwischen maschineller (syntaktischer) und menschlicher (semantischer) Informationsverarbeitung, zwischen Speicher und Gedächtnis, zwischen Informationsverarbeitung und Erzeugung von Information und Wissen.“

Ich fasse den Text nur sehr knapp zusammen und versuche die Forderungen, die ich aus der Arbeit herauslese, auf die konkrete Design-Strategie von Services zu übertragen.


Selbstorganisation und Gestaltung informationeller Systeme

Klaus Fuchs-Kittowski (Link zu Wikipedia), in Selbstorganisation in Wissenschaft und Technik, Wissenschaftsforschung Jahrbuch 2008, Werner Ebeling, Heinrich Parthey (Herausgeber), Berlin, 2009

Mechanistisches Weltbild überwinden

Klaus Fuchs-Kittkowski schreibt in seinem Beitrag, wir müssten unser mechanistisches Weltbild überwinden. Auf diese Weise könnten wir unsere Systeme einer flexiblen Arbeitsweise anpassen. Informationssysteme sind nämlich kein Abbild der realen Welt oder des realen Arbeitsgeschehens. Sie sind stattdessen Teil einer von Akteuren konstruierten Welt. Sie tragen genauer gesagt dazu bei, neue Bedeutungen und Werte zu schaffen.

Offene Entwicklungsprozesse und autonome Tätigkeiten

Die Gestaltung von Informationssystemen sollte folglich zuerst vom Nutzerverhalten ausgehen und mit der Arbeitsgestaltung beginnen. Es empfiehlt sich, die Aufgabe ganzheitlich zu betrachten und eine Lösung mit möglichst autonomer Tätigkeit zu erreichen. Es geht um einen offenen Entwicklungsprozess und eine vorwiegend evolutionäre Systemgestaltung.

Anpassungsfähige Strukturen

Modulare, vernetzte, virtuelle Organisationen benötigen Informationssysteme mit anpassungsfähigen Strukturen. Solche Strukturen sind wichtig, weil diese Organisationen in unserer sozialen Umwelt mit großer Komplexität umgehen. Bei der Modellierung von Arbeitsprozessen steht das Ziel, Komplexität zu reduzieren, im Mittelpunkt. Befreien wir zusätzlich die Prozesse aus ihrem Kontext, so werden sie ohne die Abhängigkeit von ihrem Kontext universeller einsetzbar. Wir können sie in der Folge in neuen Konstellationen einsetzen.

Kooperativer Lernprozess: für, mit und durch den Nutzer gestaltet

Lösungsansatz mit Services

Ich übertrage diese Gedanken im nächsten Schritt auf die Design-Strategie von Services.

Unabhängig vom konkreten Anwendungsfall

Service-Design beruht hauptsächlich auf der Idee, Arbeitsprozesse unabhängig von ihrem Kontext zu machen. Die Idee der Kapselung will einen Service in seinem Innern möglichst autonom arbeiten zu lassen. Darüber hinaus wollen wir einen Service in verschiedenen Konstellationen einsetzen können. Um diese Freiheit zu erhalten, muss sich der Service von seinem Kontext lösen. Die Loslösung erreicht man wiederum, wenn man ihn allgemeiner als nötig spezifiziert. Der konkrete Anwendungsfall wird dadurch zu einem Spezialfall in einer ganzen Klasse von Aufgabenstellungen.

Selbständige Weiterentwicklung

Als allgemein spezifizierte Lösung ist der Service im weiteren Verlauf flexibler. Er kann jetzt auch andere, ähnliche Aufgaben erledigen. In seinem allgemeinen Rahmen wird er als Lösungskonzept eigenständig. Er hat die Möglichkeit sich selbst zu steuern. Bei Bedarf entwickelt er sich weiter und verfolgt, wo dies geht, eine eigene Entwicklungsstrategie. Das Konzept der Kapselung reduziert darüber hinaus Abhängigkeiten zu Servicenutzern und Serviceprovidern. Der Service muss lediglich abwärtskompatibel bleiben, um Nutzer weiter zu bedienen und Leistungen von Lieferanten annehmen zu können.

Mehr Informationen über die Grundidee hinter der Service-Orientierung finden Sie in dem Beitrag: Was mache ich hier eigentlich? Services!

Dem Service einen allgemeinen Rahmen geben
Große Ähnlichkeit der Ideen

Die allem anderen vorausgehende Übereinstimmung finden die Forderungen von Klaus Fuchs-Kittowski und das Service-Paradigma in der relativen Autonomie von Services. Erst sie erlaubt offene Entwicklungsprozesse und autonome Tätigkeiten. Die Fähigkeit eines Services, sich in dem ihm gegebenen Rahmen selbständig weiterzuentwickeln, verschafft einem auf Services basierenden Lösungskonzept große Anpassungsfähigkeit. Services können nämlich individuell reagieren, ohne dass der Gesamtzusammenhang der Lösung neugestaltet werden muss. Damit haben wir eine allzu mechanistische Vorstellung von Lösungswegen aber bereits auch schon verlassen. Die Weiterentwicklung von Strukturen ist nicht mehr nur von einem Punkt aus zu bestimmen. Dafür entlastet es die Struktur von übergroßer Kompliziertheit.


Schwierigkeiten bei der Umsetzung

Dieses Vorgehen beim Design von Informationssystemen führt in der Regel zu sehr flexiblen und skalierbaren Lösungen. Ich will aber nicht verbergen, dass auch Nachteile entstehen:

1. Wenn Performance statt Flexibilität im Vordergrund steht

In einem Umfeld, in dem es mehr auf Performance als auf Flexibilität ankommt, ist die Autonomie von Services meist fehl am Platz. Das liegt daran, dass in performance-optimierten Systemen die Gestaltung der Kommunikation zwischen Arbeitsprozessen oft besonders wichtig ist. Folglich sind Kapselung und eine allgemeingültige Formulierung von Schnittstellen in einem solchen Fall oft nachteilig.

2. Wir schlagen mit dem Design vermeintlich einen Umweg ein

Analysten und Entwickler verstehen manchmal nicht, warum man nicht einfach die Anforderungen des Kunden aufnimmt. Dieser Punkt ist selbstverständlich ein berechtigter Einwand. Das Design mit seinem allgemeinen Anspruch erscheint tatsächlich manchmal als Umweg. Darüber hinaus muss auch noch der Spezialfall der konkreten Aufgabe kodiert werden. Den Umweg kann man folglich nur dann einschlagen, wenn er sich später auszahlen wird und der Auftraggeber ihn akzeptiert.


Fazit
Es gibt noch etwas zu tun

Service-Strukturen schaffen Informationslösungen, die sich in einem komplexen Umfeld schneller und zielorientierter an neue Anforderungen anpassen können. Sie sind aber auch nicht immer geeignet. Wenn die Aufgabenstellung beispielsweise einfach ist, oder mit großen Performance-Anforderungen daherkommt, dann ist es meist besser, auf eine integrierte, auf Effizienz ausgerichtete Lösung zu setzen.

In allen Fällen aber, in denen Zukunftserwartungen vage bleiben, wo mit Veränderungen gerechnet werden muss, oder wo sich Anforderungen schnell und überraschend ändern, ist der Service-Gedanke eine vielversprechende Strategie. Vieles deutet derzeit darauf hin, dass aber gerade diese Szenarien häufiger werden. Das sollte ein Anreiz sein, sich mit den Ideen zur Komplexitätsbewältigung – z.B. dem Service-Paradigma – auseinander zu setzen.

Ich werde an dieser Stelle noch ein Beispiel für eine Service-Lösung anfügen.

Sprechen Sie mich jedoch einfach an, wenn Sie Fragen haben.

Frank Pieper
Mail: frank@fp-consulting.org
Tel.: +49-160 5438306

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